Die Raucherbar

The Rabbithole ist für mich eine der besten Bars Hamburgs. Und eine Raucherbar. Weshalb, um ehrlich zu sein, ich schon einige Male nicht dorthin gefahren bin. Weil es jemanden meiner Gäste gestört hat.
Vor drei Tagen hat die Bar eine Umfrage auf Instagram gestartet:
„Soll The Rabbithole weiterhin eine Raucherbar bleiben?“ Es gab bis gerade 480 Abstimmende. 44 % haben für ja gestimmt. 56 % für nein.
Was genau die Betreiber Konstanze und Florian zu dieser Idee gebracht hat, weiß ich nicht. Ich selbst habe einmal eine Bar in Hamburg von Raucher- auf Nichtraucherbar umgestellt. Und weiß, dass das ein zäher Prozess ist, der am Anfang bei uns ca. 30 % des Umsatzes gekostet hat.
Seinerzeit wurde in unserer damaligen Boilerman Bar am Eppendorfer Weg 211 viele Jahre lang geraucht. Die Gäste haben es geliebt. Aber ehrlich gesagt waren mir diesbezüglich schon immer die Gäste egal. Ich merkte, dass es nicht mehr leicht war, Mitarbeitende für eine Raucherbar zu finden. Beziehungsweise dass auch das aktuelle Team, obwohl fast alle Raucher, nunmehr über die Arbeitssituation klagten: 6–10 Stunden harte Nachtarbeit mit viel passivem Rauchen – und es somit für mich klar war: Wir müssen das beenden. Das sind Gäste "zweitrangig". Sonst nicht meine Art.
Wir haben anfangs viele Stammgäste verloren. Rauchen zu beenden, ist ein emotionales Thema. Einige der Raucher nehmen es persönlich. Wieder ein Laden, der sich gegen sie stellt. Sie machen meist einen divenhaften Abgang, zumindest auf Social Media und in den Google-Bewertungen. Haben kein Verständnis für das eigentliche Thema: Arbeitsbedingungen und Arbeitsschutz.
Andere, gewohnte Raucher, kommen jetzt seltener. Und, das muss man vielen Rauchern lassen, verzehren auch weniger. Denn rauchende Gäste verzehren im Schnitt oft mehr als nichtrauchende Gäste. Der Pro-Kopf-Umsatz ist höher. Zumindest bei simplen Zigarettenrauchern. Bei Zigarrenrauchern, auch wenn diese gerne von Genuss redeten, konnte ich das in Summe nicht bestätigen.
Die Entscheidung hat bei uns definitiv zu einem großen Umsatzeinbruch geführt. Und zu mehr Personalkosten. Denn jetzt rauchten die Gäste vor der Tür. Im Wohnbezirk. Und gerade am Wochenende war eine Person mehr notwendig. Da man in der Regel, zu später Stunde und erhöhtem Alkoholkonsum, erschreckend oft dem Babysitting erwachsener Gäste nachkommen muss, um alle zwei Minuten daran zu erinnern, dass man vor der Bar nach 23:00 Uhr nicht laut sein kann. Keine Drinks. Kein vor der Tür beim Rauchen rum lärmen.
Das nervt. War aber unvermeidlich, wenn man in einer Wohngegend sein Geschäft betreibt.
Auch unter der Umfrage der Rabbithole Bar wird schon eifrig und teils emotional kommentiert. Verständlicherweise bitten viele Bartender:innen die zum Feierabend kommen darum, das Rauchen zu erhalten. Und sie sind gute Gäste. Die Taschen meist gut gefüllt mit Trinkgeld, suchen sie zum Feierabend einen Platz, wo sie noch ein, zwei Stunden ausklingen lassen wollen. Viele Namen kenne ich. Bei vielen bin ich mir sicher: Würde man sie fragen, ob sie selbst 8 Stunden pro Nacht, 5 Tage die Woche im Rauch arbeiten wollen, würden sie sofort verneinen.
Im Bundesland Hamburg sind Raucherbars unter gewissen Voraussetzungen noch legal. Und hier kann das Attribut Raucherbar ein Alleinstellungsmerkmal sein. Auch ein lukratives.
Die entscheidende Frage ist: Was macht dich aus? Was ist deine Besonderheit? Was ist deine Nische? Das sollte sich jeder Unternehmer, jede Unternehmerin fragen. Warum bin ich besonders?
Die interessante Frage ist aber auch: Was, wenn ich meine Nische zu klein gewählt habe? Die Raucher sind meine Fans. Aber vielleicht kommen ohne das Rauchen deutlich mehr Gäste in die Bar? Kunden, die ich bislang noch gar nicht kenne.
Nische ist wichtig. Aber die richtige Größe der Nische ebenfalls. Wenn sich die Dinge ändern oder man aus seiner Nische ausbrechen will, kostet das Mut. Und Geld. Möge der Lohn größerer Erfolg sein.
Ich selbst habe mich noch aus einem zweiten Grund dafür entschieden, im Boilerman das Rauchen zu beenden: Arroganz & Selbstverliebtheit. Ich hatte irgendwann das Gefühl, dass Rauchen ein beliebiger und austauschbarer Grund war zu kommen. „Ich gehe dahin, weil ich rauchen kann“ ist eine andere Aussage als „Ich gehe dahin, weil ich die Drinks und die Bar mag“. Natürlich geht beides. Aber ich hatte mit der Zeit den Eindruck, dass immer mehr Gäste wegen des Rauchens statt wegen unseres Konzeptes kamen. Das hat mir auch nicht gefallen.
Ich habe keine Ahnung, wie sich das Rabbithole entscheidet. Ich kann die Bar so oder so empfehlen. Ich habe natürlich mit Nein gestimmt. Und werde es sicherlich öfters schaffen, wenn nicht mehr geraucht wird.
The Rabbithole Bar – https://www.the-rabbithole.de/
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Zum Umfragepost der Rabbithole Bar. --> Raucherbar ? Ja oder Nein?