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Trinkgeld Zwangsabgaben an die Küche sind nicht legal

Hamburg, zumindest die gehobene Gastronomie, wird am Freitag- und Samstagabend oft vom „Norden überrollt“. Skandinavien ist zu Gast und kommt für einen genussreichen und aus nordischer Perspektive fast günstigen Wochenendtrip in die Hansestadt.

Ich mag das.

Am Samstagabend, auch wir hatten wieder einige Besucher aus Dänemark und Schweden in der Bar, kam ein Kollege aus einem großen, bekannten Restaurant zum Feierabenddrink ins Le Lion. Kurz vor Mitternacht.

Er stand mit Drink und Zigarette vor der Tür. Wir unterhielten uns. Eine vierköpfige Gruppe Dänen kam gut gelaunt aus der Bar und nahm ein Taxi. Der Kollege verdrehte leicht die Augen. Ich fragte, was los sei.

„Bei uns sind freitags und samstags auch extrem viele Skandinavier. Sie verzehren richtig gut, trinken die teuersten Weine und geben viel Geld aus. Aber sie geben kein oder wenig Trinkgeld“, erklärte der Kollege. „Wenn die zu viert bei einer 600-Euro-Rechnung kein Trinkgeld geben, verliere ich 24 Euro aus meiner eigenen Tasche.“

„Wieso das?“, fragte ich etwas verwundert. „Wieso verlierst du 24 Euro bei null Euro Trinkgeld?“

„Als Kellner muss ich vier Prozent vom Umsatz an die Küche abgeben. Wenn bei hohem Umsatz kein Trinkgeld gegeben wird, zahle ich drauf! Ich verstehe ja, dass es in Skandinavien nicht üblich ist, Trinkgeld zu geben. Aber wenn man in anderen Ländern zu Besuch ist, sollte man sich über die dortigen Gepflogenheiten informieren“, so der etwas frustrierte Kollege.

Naja, dachte ich mir. Mit dem Informieren ist das so eine Sache. Die Trinkgeldabgaben an die Küche sind nicht legal, wenn sie vom Arbeitgeber vorgegeben werden.

Trinkgeld gehört demjenigen, der es kassiert und die Bedienung durchgeführt hat. So will es das Gesetz. Natürlich ist ein gelungener Abend mit zufriedenen Gästen eine Teamleistung. Selbstverständlich sollte ein Team Trinkgeld fair teilen. Wichtig ist jedoch, dass das Team diese Aufteilung untereinander nach eigenen Regeln vornimmt.

Ein Arbeitgeber darf dort keine Vorgaben machen, das Trinkgeld zu festen Sätzen, beispielsweise mit der Küche, zu teilen. Insbesondere keine Zwangsabgaben vom Umsatz (!) einfordern. Sobald er das nämlich tut, verliert das Trinkgeld seine Steuerfreiheit, und die Summen des Trinkgeldes sind wie Lohn zu behandeln. Darauf müsste dann der Arbeitgeber Lohnsteuer und Sozialabgaben abführen. Bei großen Teams und über einen längeren Zeitraum können das schnell sechsstellige, existenzgefährdende Summen werden, wenn die Sozialkassen hiervon Wind bekommen.

Köche besser zu bezahlen und Trinkgeld für das Serviceteam im Sinne des Finanzamtes zu belassen, ist eventuell eine unbequeme Lösung, aber auf jeden Fall sicherer für den Arbeitgeber.

Mit dem Sich-Informieren ist das halt so eine Sache. Man muss auch seine Rechte kennen und einfordern. Zwangsabgaben vom Trinkgeld, das nicht geflossen ist, sind definitiv nicht zulässig.

Übrigens: Die vier Dänen haben bei uns sehr gutes Trinkgeld gegeben. Klischees sind auch nicht mehr das, was sie einmal waren.