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Wirtschaftsbetrieb oder Traumfabrik? Deckungsbeitragskalkulation und Preisgestaltung in der Bar (Teil 1)

Wirtschaftsbetrieb oder Traumfabrik? Deckungsbeitragskalkulation und Preisgestaltung in der Bar (Teil 1)

Seit ein paar Tagen bereite ich meinen Vortrag „Rum kalkulieren in der Bar“ für das Bar Symposium Köln vor. Da hab ich mir ganz schön was eingebrockt. Die Idee hinter dem Talk ist klar: Ich möchte mit den Barbetreibern und Barbetreiberinnen über Kalkulation sprechen, insbesondere über die Deckungsbeitragskalkulation. Die ist gerade, glaubt man dem einen oder anderen Influencer in der Gastrowelt, der heiße Scheiß in der Gastronomie. Das Ding, was uns alle retten wird. Kauf jetzt meinen Onlinekurs :)

Aber, je mehr man sich damit auseinandersetzt, wird einem bewusst: Deckungsbeitragskalkulation wird dich nicht retten. Nicht, weil sie nicht gut ist. Nein, das ist meiner Meinung nach die beste Methode, das Angebot zu kalkulieren. Dein „Wareneinsatz“ interessiert nicht als Kalkulationsgrundlage, deine gelernte Aufschlagskalkulation bringt dich nicht weiter. Und, falls es jemand gerne altruistisch mag: Deckungsbeitragskalkulation ist die „gerechteste Kalkulation“ für den Gast. Also Win-Win für das Unternehmen und die Gäste.

Aber: Deckungsbeitragskalkulation ist nur ein kleiner Stein auf dem großen Brettspiel „Meine Bar“. Aber ein wichtiger.

Um mich nicht misszuverstehen: Du bist ein geiler Gastronom, dein Laden ist voll, du hasst die Buchhaltung, du kalkulierst Pi mal Daumen, verschwendest keine Zeit am Schreibtisch, bist hart am Gast, dein Bauchgefühl ist unbezahlbar und dein Laden macht gute Gewinne? Bravo. Eigentlich brauchst du nicht weiterlesen.

Dafür liebe ich die Gastronomie. Solche Betriebe gibt es nach wie vor. Jemand baut etwas Verrücktes auf, was allen Regeln des Marktes und der Branche widerspricht, und es läuft.

Traumfabrik Gastronomie

Das ist der Grund, warum es so viele Menschen in die Gastronomie zieht, gerade auch als Selbstständige. Fleiß, Bauchgefühl, Menschenkenntnis, Straßenschläue, Persönlichkeiten machen Läden voll. Gerade die „kleine Bar“ ist ein Paradebeispiel für die schnelle Selbstständigkeit. Le Lion vor 18 Jahren, eine Etage, zwei Dickköpfe mit einer Idee und ein, zwei weitere im kleinen Team waren rückblickend genau so ein Laden.

Hätte ich vor 18 Jahren einen sauberen Businessplan geschrieben, hätte ich den Laden niemals aufgemacht.

Und dennoch ist das nichts, was ich glorifizieren möchte. Denn aus Fehlern nicht zu lernen, wäre fatal. Man soll Fehler machen, viele sind gut und lehrreich, aber im besten Fall nur einmal. Die Fehler waren kostspielig. Finanziell, aber auch mental. Und sie bauen kleine Gefängnisse, in denen du drinhängst, nicht rauskommst. Weil die unerwarteten und ungeplanten Kosten und die damit entstehenden Verpflichtungen dir langsam die Fußfesseln anlegen. Nichts, wofür man sich selbstständig gemacht hat.

2025: Eine neue Realität für viele Barbetreiber

Für viele Barbetreiber bedeutet 2025:

  • Laden nicht voll und kein Gewinn? -> Mach Marketing.
  • Laden voll, aber kein guter Gewinn? -> Fang mit Deckungsbeitragskalkulation an.

Ich habe schon vor einiger Zeit angefangen, das Le Lion „umzustellen“, mich auch mit der Deckungsbeitragskalkulation zu befassen. Und zu verstehen, dass das nur ein sehr kleiner Teil notwendiger Änderungen ist. Aber die Frage, die man sich am Anfang stellen muss, ist, ob man bereit ist, von der Traumfabrik zum Wirtschaftsbetrieb zu werden.

Viele wollen das nicht. Bzw. sie werden hektisch, wenn wieder einmal das Konto leer ist. Dann wollen sie alles, ganz schnell. Und geben auch noch viele Hunderte und Tausende von Euro für Onlinekurse bei den Gurus aus. Wenn es der richtige Schritt war, um ins Tun zu kommen, ist das gut investiertes Geld, insbesondere wenn Wissen vermittelt und Tools angeboten werden, die den Einstieg erleichtern und wertvolle Zeit sparen.

Deine Verantwortung als Unternehmer:in

Aber wenn man die Entscheidung getroffen hat, aus seiner Traumfabrik einen Wirtschaftsbetrieb machen zu wollen, muss man sich auch für eine zweite Entscheidung durchringen: Du bist in der Verantwortung. Du musst es machen. Du musst es verstehen. Kein Steuerberater, kein Berater kann dir das abnehmen. Sie können dir helfen. Aber du als Unternehmer oder Unternehmerin bist in der Verantwortung. Du musst nicht unbedingt alle Schritte alleine gehen, Team Work makes the Dream Work, aber du darfst die Verantwortung und den Überblick nicht aus den Augen verlieren.

Und es ist eine Fleißarbeit. Das System einmal aufstellen. Und dann dran arbeiten. Denn die Vorbereitungen zur Deckungsbeitragskalkulation bedeuten Daten sammeln und deinen Betrieb verstehen und durchleuchten. Vielleicht zum ersten Mal. Aber es ist spannend, sich alles einmal genauer und mit System anzuschauen und Daten zu erheben, die du bislang vielleicht noch gar nicht erfasst hast.

Deckungsbeitragskalkulation: Keine Wunderwaffe, aber ein mächtiges Tool

Die Deckungsbeitragskalkulation ist keine Wunderwaffe. Du musst dich dennoch darum kümmern, deinen Laden vollzukriegen, ein motiviertes Team zu haben, verkaufen zu wollen und eine sehr clevere Preisgestaltung durchdacht zu haben. Aber mit der Deckungsbeitragskalkulation fertigst du dir einen visualisierten Ist-Zustand deines Unternehmens an: Wo sind welche Kosten, wie sind die verteilt, was bringen welche Artikel. Wo sind wir profitabel, wo nicht.

Und diese Visualisierung deines Wirtschaftsbetriebes verändert nicht das Ergebnis. Aber: Sie zeigt dir die Stellschrauben, an denen du jetzt arbeiten kannst. Du hast ein messbares System. Und jetzt siehst du, wie sich etwas verändert, wenn du etwas veränderst.

Deckungsbeitragskalkulation: Eine sehr grobe Skizze

  1. Alle Kosten deines Betriebes zusammenstellen.
  2. Fixe und variable Kosten definieren.
  3. Hoffentlich hast du schon ein brauchbares Kassensystem: Kennst du Besucher pro Tag, Woche, Monat? Durchschnittsumsätze, Spendings pro Gast?
  4. Für alle Artikel einen Produktpass erstellen. Daraus geht hervor, was der Wareneinsatz pro Produkt ist. Du ergänzt diese Kosten um Warenverlust, Schankverlust und individuelle Zubereitungszeit. Wareneinsatz killt dich nie, aber die Personalkosten. So weißt du, was dich jedes Produkt wirklich in der Herstellung kostet (Deckungsbeitrag 1).
  5. Aufgrund der gewonnenen Daten der aktuellen gesamten Produktverkäufe und der Herstellungskosten, sowie der Gesamtbetriebskosten (fix und variabel), erstellst du einen Deckungsbeitrag 2, den jeder Artikel mindestens bringen muss.
  6. Verkaufspreis minus Mehrwertsteuer minus Deckungsbeitrag 1 minus Deckungsbeitrag 2 ist gleich Gewinn.

Das ist wirklich eine Menge Vorarbeit. Und wenn du das gemacht hast, ändert sich erstmal nichts. Aber jetzt „siehst“ du die Stellschrauben. Artikel, die zwar vielleicht einen guten prozentualen Preisaufschlag haben, aber in Realität, in Euro, den Deckungsbeitrag 2 nicht schaffen. Im schlimmsten Fall sind das gut laufende Artikel. Die musst du eliminieren.

Das ist nur ein Schritt. Denn man schnell erkennt: Deckungsbeitrag ist kein prozentualer BWA-Mist. Sondern reale Euros. Was wirklich übrig bleibt. Und deine Visualisierung deines Unternehmens, um dran zu arbeiten.

Dabei sind zwei Punkte wichtig:

  1. Das ist keine Raketenwissenschaft. Reine Fleißarbeit. Du kannst dir das relativ schnell „ergooglen“ und mit AI einen Überblick verschaffen. Keine teuren Experten notwendig.
  2. Die Details machen dich fertig. Was genau ist in deinem Betrieb die Abgrenzung zwischen fixen und variablen Kosten? Was gehört ins Produkt (Deckungsbeitrag 1), was in Deckungsbeitrag 2? Man kann sich schnell verlieren. Und muss sich entspannen. Es gilt das Pareto-Prinzip. 80 % reicht. Oder war es umgekehrt ;) ?

Aber, falls du „lernen“ möchtest, wie wir umgestellt haben, ist meine kommende 7cl-business Newsletter-Serie vielleicht was für dich.

Übrigens: Auch ich bin noch nicht „fertig“ mit all den Änderungen und Wünschen, die sich aus diesen Einblicken ergeben haben und die mir jetzt notwendig erscheinen. Denn, auch das habe ich gelernt: Langsam und stetig ändern. Wir haben im Feburar das Kassensystem auf Lighspeed K umgestellt. Ein wichter Schritt für mich um gute Daten zu bekommen. Aber wie man sieht hatten wir anfang noch zu viele Drinks nicht „eingepflegt“, was über Divers läuft. Wird aber jetzt auch besser.

Was mich beruhigt hat

Was mich über die letzten Monate „beruhigt“ hat: Der Kreis hat sich geschlossen. Ich bin Team Bauchgefühl. Und das Bauchgefühl ist gut. Denn was ich über die Zeit verstanden habe: Die Kalkulation und der Preis sind elementare, wichtige Bausteine. Aber der Gast ist der wichtigste. Es geht darum, seine Zahlen zu kennen. Und seine Gäste. Und auf den Gast hinzugestalten. Einfach die Preise zu erhöhen, bringt nicht viel. Aber die richtigen Produkte, für den Gast und den Betrieb zum richtigen Preis anzubieten und den Rest wegzulassen, ohne dass es schmerzt, ist ein wichtiger Punkt bei der Preisgestaltung.

Im 2. Teil „gehen wir rein“ – in die Deckungsbeitragskalkulations-Basics.

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Mein Vortrag beim Bar Symposium Köln in Kooperation mit KIRSCH WHISKY / Veritas Rum: RUM KALKULIEREN IN DER BAR Dienstag, 27. Mai 2025, 12.00 Uhr, Business Stage

Übrigens: Code „7cl“ gibt aktuell noch 30% Rabatt auf Bar Symposium Tickets, solange der Vorrat reicht. Tickets und Programm: https://barsymposium.cologne/

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